Wir leben unser Leben bindend und lösend, werden gebunden und entbinden - so wie wir es seit unserer frühesten Kindheit gelernt haben, unsere Bindungsmuster unzählige Male wiederholend, verlassend und auch weiter entwickelnd.
Jedes menschliche Wesen muss zu einer wichtigen Bezugsperson Urvertrauen entwickeln und dieses hat einen mächtigen Einfluss auf die frühkindliche Entwicklung sowie spätere Bindungsmuster. Bowlby und Ainsworth waren für die Entwicklung der Bindungstheorie bahnbrechend. Die Beobachtung von Bindungs- und Trennungsverhalten im Alltag beeinflussten die Ausbildung der Bindungstheorie. In der Trilogie Attachment and Loss (1969) und dem Buch Separation, Anxiety and Anger (1973) beschreibt Bowlby die Auswirkung von Trennungserlebnissen auf das Bindungsmuster von Menschen. Unser Leben können wir nur dann wirklich voll leben, wenn wir in der Lage sind, uns zu binden und auch angesichts eines möglichen Verlustes nicht vor einer Bindung zurückzuschrecken. (Lothrop, 1996).
Die zentrale Metapher dieser Drei-Länder-Tagung ist die Verbundenheit von Mutter und Kind während der gesamten Schwangerschaft. Die Durchtrennung der Nabelschnur bei der Geburt ist der Schritt in die körperlich organische Selbstständigkeit.
Hebammen und GeburtshelferInnen sind am Puls des Geschehens von Bindung und Lösung, der Trennung von Mutter und Kind auf somatischer Ebene. In psychischer Hinsicht ist ab der ersten Begegnung zwischen Mutter und Säugling Bindung gefordert. In die Bewältigung von Frühgeburt, Behinderung oder Erkrankung von Neugeborenen sind NeonatologInnen und KinderärztInnen eingebunden.
In Frauenheilkunde und Geburtshilfe spiegeln sich mannigfaltige Aspekte von Binden und Lösen sowie Entbinden: in der Entbindung, der Geburt, in der Mutter-Kind-Bindung, in der Arzt-Patienten- Bindung.
Wir sind auch aufgefordert, in jeder Hinsicht "über die Grenzen" zu blicken, über Grenzen von Ländern, über gesellschaftspolitische Begrenzungen und nicht zuletzt über die Grenzen unseres Selbst. PSYCHO-SOMATIK als VER-BINDUNG zwischen den Gesellschaften soll helfen, eine gemeinsame Dynamik zu nützen und Begrenzungen zu überwinden. Der Impuls, der von Psychosomatik ausgeht, ist Wunsch und Wagnis von Ver-Bindung mit Fremdem, "Anderem", Ausgegrenztem.
BINDUNG - TRENNUNG – VERLUST
in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Die Deutsche, Schweizer und Österreichische Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe haben sich in der 1. Drei-Länder-Tagung verbunden, um diesen Themen Raum zu geben.
PD Dr. Dr. Barbara Maier
PD Dr. Martina Rauchfuß
Mag. Anna Wenger
Dr. Sibil Tschudin
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde
DGPFG e.V. www.dgpfg.de
Österreichische Gesellschaft für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe ÖGPGG
Schweizer Arbeitsgemeinschaft für psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe SAPGG, info@appm.ch